Der BGH hat auf die Frage, wann eine Anhörung des Betreuten und wann eine Bestellung trotz bestehender Vorsorgevollmacht geboten ist, in seinem Beschluss vom 08.05.2019 (XVII ZB 506/18) klar geantwortet:
In dem vorliegenden Fall hatte die betreute Betroffene 3 Kinder, die sie jeweils mit Einzelvollmachten austattete für den Fall, dass sie ihre Angelegenheiten nicht mehr wahrnehmen kann. Streitpunkt war hier die Frage, ob es einer Anhörung des zu Betreuenden bedarf, wenn eine Entscheidung über das Ob der Bestellung eines Betreuers ansteht. Nach Ansicht des BGH ist die Anhörung nicht nur eine Ausprägung des grundgesetzlich verankerten Rechtes auf rechtliches Gehör, sondern es soll dem Richter auch ermöglichen, sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu machen. Im Tenor ist gerade dann eine auch für den Betroffenen belastenden Anhörung nicht erforderlich, wenn es keine Anhaltspunkte gibt, dass eine Betreuung überhaupt geboten ist.
Zum anderen wurde vom BGH klargestellt, dass ein Streit zwischen Geschwistern mit einzeln ausgestatteten General- und Vorsorgevollmachten nicht Grund für eine Betreuerbestellung ist, nur weil ein Geschwister seine Vollmacht wegen Missbrauch durch den Vollmachtgeber wirksam entzogen wurde. Es sind in dem Fall, noch die anderen Geschwister in die Pflicht zu nehmen.
Im Einzelnen: Ein Betreuer ist für einen Volljährigen nur zu bestellen, wenn er unter einer psychischen, körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung leidet und deshalb seine Angelegenheiten entweder ganz oder nur teilweise nicht ausreichend besorgen kann. Als weiterer Punkt wird die Erforderlichkeit einer Betreuerbestellung gesetzlich vorgeschrieben. Gemeint ist damit, dass dann eine rechtliche Betreuung nicht zu besorgen ist, wenn der Betreute einen Bevollmächtigten bestimmt hat, der seine Angelegenheiten genauso gut wahrnehmen kann. Bestellt wird ein Bevollmächtigter von dem Betreuten durch die sogenannte Vorsorgevollmacht. Bei deren Ausstellung sollte immer auf zwei Punkte geachtet werden. Zum einen, sollte sie zu Zeiten ausgestellt sein, da der Ausstellende geschäftsfähig ist. Zweifel daran, dass die Vollmacht nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, kann man begegnen, indem man die Vorsorgevollmacht durch einen Notar beurkunden lässt. Es wird dann von dem Notar geprüft werden müssen, ob man bei Abgabe seiner Erklärung geschäftsfähig war.
Spätere Bedenken bei der Ausübung der Vollmacht, beispielsweise über den Fortbestand der Vollmacht, weil der Vollmachtnehmer Zweifel aufkommen lässt, dass er die Interessen des Vollmachtgebers zu dessen Wohl ausübt, kann doch eine Betreuerbestellung erforderlich machen. Allerdings nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen. Ein Geschwisterstreit, wie er in dem zu entscheidenden Fall bestand, rechtfertigt alleine keine Betreuerbestellung, wenn jedes Geschwister für sich eine einzelne General- und Vorsorgevollmacht innehat und diese ausüben soll.